The Magic Word is Deep Learning

Neural networks pushing development in autonomous driving.

Article within the current edition of the KIT magazine lookKIT on information at the Karlsruhe Institute of Technology, Edition 4/2018. The text was written in German, an excerpt is available in English at the end of the text.

 

An vielen Standorten zwischen Hamburg und München wird die Mobilität der Zukunft auf Autobahnen, Landstraßen und im Stadtverkehr erprobt, erforscht und weiterentwickelt. Und das KIT ist ganz vorne mit dabei: Johann Marius Zöllner – Professor am Institut für Angewandte Informatik und Formale Beschreibungsverfahren (AIFB) des KIT – ist Leiter des neuen Testfelds Autonomes Fahren Baden-Württemberg, das im Mai 2018 in Karlsruhe feierlich eröffnet wurde. Seine Forschungsschwerpunkte am KIT sind TechnischKognitive Systeme und deren Anwendung in den Bereichen Automatisiertes und Vernetztes Fahren sowie der Robotik.

 

Zöllner, auch Vorstand des FZI Forschungszentrum Informatik, Innovationspartner des KIT, ist gerade von einer Delegationsreise durch die USA und Kanada mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann zurückgekehrt, bei der er auch das Silicon Valley besucht hat. Er ist international gefragter Spezialist für Autonomes Fahren und Fahrassistenzsysteme. Seine Einschätzung: „Beim Autonomen Fahren machen wir Fortschritte, von denen wir vor wenigen Jahren noch nicht zu träumen wagten.“

 

Eines der Zauberwörter, die diese Entwicklung möglich gemacht haben, heißt „Deep Learning“ – ein Teilgebiet des Maschinellen Lernens und damit der Künstlichen Intelligenz. Künstliche neuronale Netzwerke werden so optimiert, dass sie die Fähigkeit erlangen, wie ein Mensch Prognosen zu erstellen und Entscheidungen zu fällen. Denn nur so kann das autonom fahrende Auto auch in komplexen Verkehrssituationen vorausschauend und kooperativ agieren.

Ein Beispiel: Ein Auto ohne Fahrer nähert sich einer belebten Kreuzung mit Ampelbetrieb, mehreren Fahrspuren und diversen Fahrzeugen sowie Radfahrern und Fußgängern. Die Sensoren des Fahrzeugs (Kameras, Radar, LIDAR) liefern riesige Datenmengen, die nun vom Rechner des Autos in Echtzeit verarbeitet werden müssen. Dabei gilt es nicht nur, alle Strukturen richtig zu erkennen, sondern auch deren Verhalten zu prognostizieren: Ist das Objekt am Straßenrand ein Fußgänger, ein Busch oder womöglich ein Plakat? Wenn es ein Fußgänger ist: Was wird dieser als nächstes tun? Die Straße überqueren oder auf den Bus warten?

 

Früher musste eine Maschine exakt für jede Situation programmiert werden, damit sie das Richtige tut. Heute lernen die Systeme selber, indem sie mit extrem großen Datenmengen gefüttert werden und dabei eigene neue Verknüpfungen bilden. Dieses Lerntraining befähigt sie, die richtigen Entscheidungen zu treffen. „Lernende Systeme arbeiten dabei tatsächlich so ähnlich wie das menschliche Gehirn“, erklärt Zöllner. „Für das autonom fahrende Auto heißt das: Es lernt, Objekte, Personen und Verkehrssituationen zu erkennen und einen Zusammenhang zwischen ihnen herzustellen. Und es lernt, die Gesamtsituation zu interpretieren: Was geschieht in der nächsten Sekunde, was in den nächsten Minuten? Mithilfe dieser Informationen wird es in die Lage versetzt, die richtige Entscheidung zu treffen. Und zwar in Echtzeit!“

 

Eine wichtige Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz Künstlicher Intelligenz in autonomen Systemen war die rasante Entwicklung der IT-Hardware: Grafikprozessoren und spezielle Prozessoren in Rechnern sind heute nicht nur deutlich günstiger, stromsparender und höher integriert als früher, ihre Rechenleistung ist auch um ein Vielfaches gestiegen. Nur so kann die nötige Hardware im Fahrzeug auch genügend Platz finden, nur so lassen sich die notwendigen Algorithmen schnell genug verarbeiten und die vielen Informationen miteinander kombinieren. Inzwischen erkennen autonom fahrende Autos die Strukturen einer Verkehrssituation schneller und zum Teil sogar sicherer als der Mensch. Das Ziel, aus den Rohdaten, die dem Auto zur Verfügung stehen, das perfekte Fahrverhalten zu generieren, ist in greifbare Nähe gerückt. „Trotzdem haben wir noch einige Herausforderungen vor uns“, sagt Zöllner. „Wir müssen beispielsweise neuronale Netze besser verstehen, ihre Entscheidungen detailliert nachvollziehen können, um sie einerseits besser einsetzen zu können – beispielsweise in Kombination mit probabilistischen Methoden – und andererseits auch im Sinne eines Gesamtsystems verifizierbar und soweit wie möglich sicher zu machen. Schließlich müssen wir auch die Art, in der wir solche Systeme programmieren, validieren und anpassen.“

 

Rund 20 Doktoranden sind in den Forschungsgruppen von Professor Zöllner beschäftigt. Die Forscherinnen und Forscher arbeiten an mehreren Teilaspekten der Informationsverarbeitung, die für das Autonome Fahren relevant sind: an der Erkennung der Umgebung, der Interpretation von Situationen, am Treffen der richtigen Entscheidung und an der Simulation von Verkehrssituationen. Es bestehen Forschungskooperationen mit den großen Autokonzernen, Zulieferern und IT-Firmen.

 

Zöllner geht es bei seiner Forschungsarbeit aber nicht nur darum, autonom fahrende Autos für den Individualverkehr fit zu machen: „Wir haben natürlich die Nutzung von automatisierten Fahrzeugen in unterschiedlichen Verkehrskonzepten von Ballungsräumen im Blick und möchten diese verbessern. Dazu gehören auch Logistik- und Nutzfahrzeuge und der Öffentliche Personennahverkehr, beispielsweise mit automatisierten Ridesharing-Fahrzeugen der Zukunft.“ Für ihn sind dies alles Bausteine, mit denen Mobilität in Städten automatisiert, geteilt, vernetzt und elektrisch neu aufgestellt werden kann. „Dafür bietet Karlsruhe beispielsweise mit der Profilregion Mobilitätssysteme ein hervorragendes Forschungsumfeld.“

 

Bei Konzepten für den ÖPNV arbeitet er beispielsweise sehr eng mit den Karlsruher Verkehrsbetrieben zusammen. Auf dem Karlsruher Testfeld für Autonomes Fahren ging kürzlich ein Projekt mit kleinen Shuttle-Bussen an den Start. Zwei bis drei dieser Busse werden zukünftig fahrerlos automatisierte Zubringerdienste zu einer Straßenbahnhaltestelle beziehungsweise zum Bahnhof übernehmen. Dabei sollen auch die Wirtschaftlichkeit und der gesellschaftliche Nutzen im Auge behalten werden. Ein anderes Projekt beschäftigt sich mit automatisiertem Carsharing: Hier ist vorstellbar, dass über eine Handy-App ein autonomes Fahrzeug aus der Carsharing-Flotte geordert wird und den Fahrgastder Verkehrssituation entsprechend – auf dem schnellsten Weg zum gewünschten Ziel bringt. Ebenfalls gearbeitet wird am selbstständigen Parken; die Vision: Nachdem das Auto seinen Dienst getan hat, fährt es in das nächste Parkhaus, sucht dort einen freien Parkplatz und schließt sich automatisch an die Ladestation anselbstverständlich alles ohne Fahrer. Dafür muss auch das Parkhaus komplett kartografiert und die notwendigen Informationen an das autonom fahrende Auto übermittelt werden.

 

Die komplexen Anforderungen, mit denen wir es hier in Deutschland zu tun haben, sind nicht zu vergleichen mit den Bedingungen im Silicon Valley“, resümiert Zöllner seinen Besuch in den USA. Dort arbeitet der heutige Marktführe Waymo, ursprünglich das „Google self-driving car“-Projekt, schon seit knapp zehn Jahren an fahrerlosen Autos. Erst kürzlich hat Waymo verkündet, über 60 000 Autos für seine RoboterFlotte zu ordern. Die Vorteile des Standortes liegen auf der Hand: In den USA wird sehr viel mehr Geld in die Entwicklung investiert, man trifft dort auf eine sehr hohe Dichte an Startups, die einen Ideenaustausch auch über Unternehmensgrenzen hinweg erlaubt, und die Verkehrssituation ist meist wesentlich einfacher strukturiert als bei uns.

 

„Im Gegensatz zu den USA wird bei uns in Deutschland die automatisierte Mobilität als Gesamtsystem verstanden. Dadurch stehen wir natürlich vor ganz anderen Herausforderungen als die USA. Und wir wollen die Herausforderungen Schritt für Schritt im Vorfeld lösen. Dank einer Vielzahl an kleineren Unternehmen und Forschungseinrichtungen sowie der staatlichen Förderung sind auch wir sehr innovativ.“ Trotzdem wünscht sich Zöllner, dass auf dem Gebiet der Angewandten Künstlichen Intelligenz Industrie und öffentliche Hand enger kooperieren, gemeinsam Konzepte entwickeln und übergeordnete Programme initiieren. „Das Rad der angewandten Forschung muss mehr Schwung bekommen“, so Zöllner. „Hervorragende Studierende, Fachkräfte und das Know-how haben wir an den Universitäten und Forschungseinrichtungen. Doch wenn wir im internationalen Vergleich auf Augenhöhe mit den Mitbewerbern bleiben möchten, müssen wir diesen ‚klugen Köpfen‘ auch die passende Umgebung und ein attraktives Arbeitsumfeld bieten, sei es in der Forschung, im Forschungstransfer oder in innovativen Unternehmen. Nur so können wir das hohe Tempo mitgehen.“

 

Kontakt: marius zoellner does-not-exist.kit edu

 

Excerpt in English

Neural networks pushing development in autonomous driving

Translation: Ralf Friese

 

Johann Marius Zöllner, Professor at the KIT Institute of Applied Informatics and Formal Description Methods (AIFB) and Executive Board Member of FZI Forschungszentrum Informatik (FZI Research Center for Information Technology), the innovation partner of KIT, is Head of the new “BadenWürttemberg Autonomous Driving Test Field” opened in Karlsruhe in May 2018. His research focus at KIT is technical-cognitive systems and their application to automated and interconnected driving as well as robotics. He is an internationally renowned specialist in autonomous driving and driver assistance systems. His judgment: “We are making progress in autonomous driving we wouldn’t have dreamt of just a few years ago.”

 

One of the magic words which made this development possible is “deep learning,” an area of machine learning and, consequently, of artificial intelligence. Artificial neural networks are optimized so as to enable them to make forecasts and decisions like a human being. After all, this is the only way in which an autonomous car can act in a foresighted and cooperative manner in complex traffic situations. Formerly, a machine had to be programmed exactly for each situation to do the right things. Today, systems are learning by themselves by being fed extremely large data volumes and, in this way, producing new associations of their own. This training by learning enables them to make the right decisions. “In this respect, learning systems indeed work much like the human brain,” explains Zöllner. One important precondition was the terrific development of IT hardware: the power of graphic processors and special processors in computers has increased many times. Meanwhile, cars driving autonomously recognize the structures of a traffic situation faster and, in some ways, even more reliably than humans do. The objective is now very near, namely to generate the perfect driving behavior out of the raw data available to the car.

 

Contact: marius zoellner does-not-exist.kit edu